Extremismus-Stelle: Berater mit Nähe zu Islamisten

Sophie Karmasin
flickr; Oesterreichs Energie - MMag. Dr. Sophie Karmasin CC BY-ND 2.0

Die Beratungsstelle Extremismus ist die Anlaufstelle des Familienministeriums für Angehörige, die in ihrem persönlichen Umfeld radikal-religiöse oder politisch extreme Gesinnungen vermuten. Die überwältigende Mehrheit der Meldungen betrifft Islamismus. Das Weiterbildungsteam der Stelle ist zu rund einem Viertel mit ehemaligen Funktionären der Muslimischen Jugend Österreich (MJÖ) besetzt. Experten sehen die MJÖ im Naheverhältnis der islamistischen Muslimbrüder. Der Beratungsstelle sind die Verbindungen bekannt.

Ein mehrsprachiges Team berät bundesweit anonym in Arabisch, Deutsch, Englisch und Türkisch und will Informationen, Orientierungshilfe und persönliche Beratung vermitteln. Die Einrichtung gehört nicht zum Geschäftsbereich des Innenministeriums, sondern ist dem ÖVP geführten Familienministerium unterstellt, um die Hemmschwelle für einen Anruf möglichst gering zu halten.

Größte Sorge Islamismus

Obwohl sich die Beratungsstelle ausdrücklich als Ansprechpartner für alle Extremismen sieht, betrifft die überwältigende Mehrheit der eingehenden Meldungen den Islamismus. Offiziell ist von einem Anteil von 38 Prozent die Rede. Tatsächlich dürfte dieser jedoch noch deutlich höher liegen. Zwei Drittel aller Anrufer kommen aus Wien, dabei stellt die Hauptstadt jedoch nur 21 Prozent der Gesamtbevölkerung. Für den überproportional hohen Anteil gibt es einen Grund: Islamistischer Fundamentalismus ist ein überwiegend städtisches Phänomen.

Muslimbrüder in der Beratungsstelle?

Die von ÖVP-Ministerin Karmasin initiierte Beratungsstelle lässt aufhorchen: Fast ein Viertel des 17-köpfigen »Weiterbildungsteams« der Beratungsstelle ist mit ehemaligen Funktionären der MJÖ besetzt (siehe Seite 14 der verlinkten Folie). Diese starke und bisher nirgendwo kenntlich gemachte Präsenz ehemaliger führender MJÖ-Vertreter in der Beratungsstelle ist für viele ein Grund zur Sorge. Experten attestieren der MJÖ ein Naheverhältnis zur islamistischen Muslimbruderschaft (Info-Direkt berichtete). Das wirft die Frage auf, ob die ÖVP-Ministerin ausgerechnet mit Islamisten im Kampf gegen Dschihadisten zusammenarbeitet.

Leiterin sind Verbindungen bekannt

Der Leiterin der Beratungsstelle Verena Fabris sind die Verbindungen zur Muslimbruderschaft bekannt: „Ja, es gibt deutliche Hinweise, dass es ein Naheverhältnis zwischen der MJÖ und Organisationen mit Verbindungen zur Muslimbruderschaft gibt“, sagte sie der NZZ. Sie will aber weiter mit diesen Personen weiterarbeiten. „Wir nehmen die Hinweise ernst, aber es gibt keinerlei Beweise. Die MJÖ ist eine Jugendorganisation, die vom Familienministerium gefördert wird“, so die Leiterin weiter.

ÖVP-Karmasin für großzügige Förderungen

Mittlerweile hat sich Karmasin (ÖVP) erfolgreich für die Aufstockung des Budgets für die Beratungsstelle von 300.000 auf 350.000 Euro pro Jahr eingesetzt. Für sie sei es wichtig, dass die Zugänge zu den verschiedenen Communities gestärkt werden. So soll der Stigmatisierung bestimmter Gruppen, etwa wegen der Religionszugehörigkeit oder Herkunft, entgegengewirkt werden. Auch die MJÖ wurde von Karmasin schon mit jährlichen Zahlungen von rund € 150.000,00 bedacht.

Warnung vor Muslimbrüder als Türöffner

Der Radikalismusexperte Lorenzo Vidino warnt davor die Muslimbrüder und ihre meist hervorragend ausgebildeten und professionell organisierten Sympathisanten als »Türsteher der Community« zu behandeln, als die sie sich gerne inszenieren. Gerade als Deradikalisierer taugten sie wenig. „Zum einen würden sie gewaltbereite Extremisten meist gar nicht erreichen. Zum anderen würden sie den ideologischen Nährboden für radikalere Gruppen bereiten“, so der Wissenschaftler.

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