Graz-Wahl: ÖVP jubelt, SPÖ erleidet historisches Debakel

By Tamirhassan~commonswiki (Self-published work by Tamirhassan~commonswiki) [GFDL, CC-BY-SA-3.0 or CC BY-SA 2.5-2.0-1.0], via Wikimedia Commons

ÖVP und FPÖ konnten in Graz zulegen, die KPÖ verteidigte ebenfalls mit einem leichten Plus Platz 2. Die Grünen mussten Verluste hinnehmen und kämpfen noch mit der SPÖ um den vierten Platz. Die Sozialdemokraten stürzten nämlich auf ihr historisch schlechtestes Ergebnis in Graz ab. Ebenfalls im Gemeinderat vertreten sind ab sofort die NEOS.

Das vorläufige amtliche Endergebnis (ohne Briefwahlstimmen):

ÖVP: 37,7 %

KPÖ: 20,4 %

FPÖ: 16,3 %

Grüne: 10,2 %

SPÖ: 10,1 %

NEOS: 3,8 %

Die Grazer ÖVP mit Bürgermeister Siegfried Nagl konnte den ersten Platz behaupten und sich sogar auf 37,7 Prozent steigern.  Auf Platz 2 folgt die KPÖ, die ihren Stimmenanteil nicht nur halten, sondern mit 20,4 Prozent sogar ganz leicht vergrößern konnte. Die FPÖ kam zwar an die Kommunisten nicht ran, legte aber zu und wurde mit 16,3 Prozent Dritter.

Historisches Debakel für SPÖ

Verluste hinnehmen mussten hingegen Grüne, SPÖ und Piraten. Die Grünen verloren leicht und kommen damit auf 10,2 Prozent.  Knapp dahinter findet sich die SPÖ mit ihrem historisch schlechtesten Ergebnis in Graz wieder. Die ehemalige Bürgermeisterpartei, die früher sogar noch die absolute Mehrheit hielt, rasselte von 15,3 Prozent auf 10,1 Prozent hinunter und muss jetzt sogar um ihren Stadtrat zittern. Ebenfalls kein Erfolgserlebnis gab es für die Piraten. Sie erreichten nur mehr 1,1 Prozent und fliegen damit aus dem Gemeinderat. Statt der Piraten werden in Zukunft die NEOS im Stadtparlament sitzen. Die Liberalen erhielten beim ersten Antritt 3,8 Prozent der Stimmen.

Der Tag des Siegfried Nagl

Beim Wahlsieger ÖVP ist die Freude naturgemäß groß. Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer sprach euphorisch:„Heute ist der Tag des Siegfried Nagl.“ Dennoch sieht sich Bürgermeister Nagl mit dem Problem konfrontiert, einen geeigneten Regierungspartner zu finden: „Wir haben das Rennen gewonnen, aber nicht in Rekordzeit. Ich habe mir eine stabile Mehrheit gewünscht, diese haben wir nicht erreicht. Ich werde in den kommenden Tagen versuchen, eine Regierung zu bilden“, so Nagl.

Elke Kahr: „Ich bin überglücklich.“

Ebenso bei der KPÖ gab es Grund zur Freude über das Wahlergebnis. „Wir haben das Ziel, zweitstärkste Kraft zu bleiben und vor der FPÖ zu liegen, erreicht“, erklärte Spitzenkandidatin Elke Kahr. Verantwortlich für dieses gute Ergebnis war vor allem, dass die Kommunisten viele Nicht- und Protestwähler mobilisieren konnten.

FPÖ gehört zu den Gewinnern

Bei der FPÖ freute man sich über den deutlichen Stimmenzuwachs: „Es ist ein schönes Ergebnis. Leider hat sich die Wahlbeteiligung verringert. Die Zahl steht fest, es gibt zwei klare Gewinner, da gehören wir dazu“, so der freiheitliche Spitzenkandidat Mario Eustacchio. Zwar konnte man nicht den zweiten Platz erreichen, trotzdem zeigt sich Eustacchio zufrieden: „Wir sind unserer Linie treu geblieben, wir haben alles richtig gemacht und dazugewonnen.“

Am Tag nach der Wahl erklärte zudem FPÖ-Klubmann Armin Sippel über Facebook: „Unsere Themen Sicherheit, Zuwanderung und Gemeindewohnungen zuerst für Grazer, haben dieser Wahlauseinandersetzung den Stempel aufgedrückt und werden von uns nun auch verstärkt in den kommenden fünf Jahren im Gemeinderat eingebracht.“

Grüne enttäuscht

Bei den Grünen zeigt man sich klarerweise enttäuscht. Grünen-Landessprecher Lambert Schönleitner sprach sich am Wahlabend dennoch gegen eine Personaldiskussion rund um die Spitzenkandidatin Tina Wirnsberger aus: „Das Ergebnis ist enttäuschend. Das müssen wir akzeptieren. Wir werden uns das anschauen müssen.“

SPÖ-Ehmann will trotz Debakels weitermachen

Nach den großen Verlusten bei der Wahl gab SPÖ-Spitzenkandidat Michael Ehmann zu, dass er „natürlich enttäuschend“ sei. Die vorgezogene Neuwahl sei „nicht sehr hilfreich“ gewesen. Gefragt, ob er trotzdem weitermachen wolle, antwortete Ehmann: „Ja sicher.“ Trotz der Wahlschlappe sprach SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler dem Grazer Spitzenkandidaten seinen Dank für den Einsatz aus. „Nun muss es darum gehen, die Grazer SPÖ wieder auf solide Beine zu stellen und die Konsolidierung und Einigung der Partei mit Nachdruck voranzutreiben“, erklärte Niedermühlbichler in einer Aussendung.

Kommt jetzt Schwarz-blau in Graz?

Nachdem der ÖVP der bevorzugte Koalitionspartner SPÖ weggebrochen ist, muss sich Bürgermeister Nagl in den nächsten Tagen um eine stabile Regierungskoalition bemühen. Die KPÖ dürfte schlechte Karten haben, immerhin schloss der ÖVP-Chef schon im Vorfeld eine Koalition mit den Kommunisten aus. Auch am Wahlabend erklärte er: „Koalition mit der KPÖ hat 70 Jahre nicht funktioniert. Ich werde auf alle zugehen, aber welche Koalition sich ausgeht, kann ich heute nicht sagen.“

Denkbar wäre auch eine Dreierkoalition zwischen ÖVP, SPÖ und Grüne. Eine solche Konstellation hätte eine klare Mehrheit im Gemeinderat. Im Interview mit Ö1 sprach Nagl auch umgehend davon, dass er nicht nur die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit einem „Partner“, sondern auch eine mit „Partnern“ habe.

Eine schwarz-blaue Koalition ist folglich noch alles andere als fix. Der Bürgermeister sieht nämlich zwischen ÖVP und FPÖ eine „Riesenkluft in vielen Bereichen“ wie der Integration. In der FPÖ zeigt man sich reserviert, aber gesprächsbereit. „Es wird an Bürgermeister Nagl liegen“, erklärte FPÖ-Spitzenkandidat Mario Eustacchio im ORF. „Wir sehen im Vordergrund unseres Handelns die Österreicher. Wenn sich die Österreicher klar in diesem Programm wiederfinden, werden wir gesprächsbereit sein. Aber wir werden nicht Steigbügelhalter sein“, so Eustacchio.

 

 

 

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