„Oldenburger Baby“ Tim: Eine Lehre für das Wunder Leben

Symbolbild Geburt: pixabay.com

Ein unglaublicher Kampf liegt hinter dem lachenden jungen Mann. Mehr als zehn Stunden rang er als 25 Wochen alter Säugling mit dem Tod. Die Klinik, in die seine Eltern gingen, um den Buben  mit der Diagnose „Down-Syndrom“ abtreiben zu lassen, rechnete damit, dass er nicht lange am Leben bleiben würde. Die Ärzte überließen ihn seinem Schicksal. Doch Tim lebt und ging als „Oldenburger Baby“ in die Geschichte ein. Heute feiert er seinen 20. Geburtstag.

von Verena Rosenkranz

Ein Medikamentencocktail leitete die Wehen im sechsten Schwangerschaftsmonat ein. Die Dosierung so hoch, dass Tims Geburtstag auch sein Todestag werden sollte. Der zuständige Arzt verzichtete auf eine Kalium-Chlorid-Injektion und vertraute darauf, dass der Fötus durch die Folgen des Geburtsvorganges und die Medikamente sterben würde. Doch Tim kam mit einem Herzschlag, einem Puls und leisem Wimmern auf die Welt.

Tim sollte Geburtsvorgang nicht überleben

Zum Sterben wurde er in Tücher gewickelt und in den Nebenraum gelegt. Es komme vor, dass solche Kinder nach der Geburt noch leben, doch spätestens nach ein bis zwei Stunden sei es dann vorbei, sollten Krankenschwester später zitiert werden. Aber Tim kämpfte sich ohne medizinische Unterstützung, die er zu diesem Zeitpunkt dringend gebraucht hätte und schlimmere Schäden verhindern hätten können, zurück ins Leben.

Immer wieder sahen die Ärzten nach ihm und rechneten jederzeit damit, dass sein Herz versagen würde. Nach zehn Stunden und dem Schichtwechsel der Belegschaft war seine Körpertemperatur auf 28 Grad abgekühlt, doch er atmete immer noch. Erst dann wurden intensivmedizinische Maßnahmen gesetzt und das Frühchen bei seinem Kampf um das Leben unterstützt. Später klagten die leiblichen Eltern die Klinik auf Schmerzensgeld und Schadenersatz. 13.000 Euro wurden ihnen zugesprochen.

Mitstreiter im Kampf ums Überleben

Bis kurz vor Weihnachten lag er auf der Intensivstation, alleine und mit schweren körperlichen Beeinträchtigungen. Bis das Jugendamt die beiden Lebensmitteltechnologen Simone und Bernhard Guido anrief, die gerne neben ihren zwei Söhnen noch eine gesunde Tochter adoptiert hätten. Um ihr Gewissen zu beruhigen und das Kind zumindest einmal besucht zu haben, fuhren sie in die Oldenburger Klinik. Als sie auf den kleinen Tim trafen und seine Geschichte hörten, beschlossen sie, ihn in ihr Leben aufzunehmen und ihm eine Zukunft zu schenken.

Tim lehrt Respekt vor dem Leben

Mehr als 18 Operationen liegen heute hinter ihm, seine Pflegefamilie traf kaum auf Verständnis in ihrem Umfeld. Als ob sein Kampf um das Leben noch nicht Wunder genug gewesen wäre, lernte der kleine Mann gegen jede ärztliche Prognose sogar im Alter von sechs Jahren Laufen und besuchte eine spezielle Schule.

Er kann sich mittels Gebärden- und Lautsprache verständigen und zeigt seinen Eltern täglich die volle Gefühlspalette von Fröhlichkeit, Traurigkeit oder Albernheit. Tim war lange genug alleine, die Anwesenheit von vielen Menschen um ihn herum liebt er heute. Eine Delfintherapie ließ ihn große motorische Fortschritte machen. Eine solche war auch das Geschenk zu seinem 20. Geburtstag.

Tim lebt. Und Tim lehrt uns das Wunder Leben.

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