Experte: „Regierung in Nordkorea handelt rational“

von J.A. de Roo (Eigenes Werk) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

In einem Interview mit dem ZDF-„Heute-Journal“ räumte Nordkorea-Experte und Politikwissenschaftler Wolfgang Nowak mit einigen Mythen über die politische Führung des Landes auf.

Für viele Menschen im Westen ist Nordkorea ein skurriles Land mit einem irren Führer, der das Land in einen aussichtslosen Krieg mit den USA zu treiben scheint. Zu dieser Wahrnehmung trägt wesentlich die oberflächliche Berichterstattung der westlichen Medien bei, die gar nicht erst den Versuch unternimmt, die tieferen Ursachen für das Verhalten der nordkoreanischen Regierung zu ergründen. Eine erfreuliche Ausnahme ist das Interview mit Wolfang Nowak, das vor wenigen Tagen im „Heute-Journal“ des ZDF ausgestrahlt wurde.

Drohungen sind „geplantes Kalkül“

Die zahlreichen und für westliche Beobachter unverständlichen Provokationen in Form von Atomwaffentests seien laut Nowak Teil einer sorgsam geplanten „Versicherungsstrategie“. Da die USA und Südkorea ungebremst aufrüsten würden und sich Nordkorea ein Wettrüsten mit diesen Mächten nicht leisten könne, müsse es deshalb auf Abschreckung setzen. Diese sei eine „Versicherung zum Bestand des Landes“ und für die nordkoreanische Regierung auch wirtschaftlich die einzig sinnvolle Lösung.

Lösung des Konflikts liegt in Verhandlungen

Um die derzeit aussichtslos erscheinende Situation lösen zu können, müsse man verstärkt auf Verhandlungen und weniger auf Sanktionen und Bedrohungsszenarien setzen, so Nowak. Ein wesentlicher Punkt sei dabei die Einstellung der südkoreanischen und amerikanischen Militärmanöver zur Erntezeit, die das Land massiv bedrohen und unter Druck setzen würden. Erst dann könne man über einen Friedensvertrag oder Waffenstillstand verhandeln. Keineswegs habe Nordkorea eine irrationale und völlig unzugängliche Führung, vielmehr handle diese „sehr rational“.

Europa sollte Rolle als Moderator übernehmen

Da das gegenseitige Misstrauen derzeit jedoch enorm hoch sei, würde es an europäischen Staaten wie Deutschland oder Frankreich liegen, die entscheidende Rolle als Moderator zwischen den vielfältigen Interessen zu übernehmen. Das Atomwaffenprogramm könne zu Beginn der Verhandlung auch nicht zur Disposition stehen, da Nordkorea derzeit „kein Vertrauen in das gegebene Wort Amerikas oder des Westens“ habe. Dennoch müsse das langfristige Ziel ein atomwaffenfreies Süd- und Nordkorea lauten.

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2 Kommentare

  1. Herr Kugler, natürlich gibt es auch hinter Trump Kräfte, die ihre eigenen Interessen verfolgen. Trump ist allerdings insofern ein Sonderfall, als er als Symptom für die Brüche in der us-amerikanischen Gesellschaft zu seiner Präsidentschaft gekommen ist. Nun muss sein vom herrschenden Mainstream konträr abweichender Politikstil mühsam wieder ‚eingehegt‘ werden. Trump weiß offenbar selbst nicht, wie ihm da geschieht. Deshalb seine sprunghaften Meinungs- und Handlungswechsel. In Sachen Nordkorea hat der ZDF-Nordkoreaexperte Nowak natürlich absolut recht. Die Maßregelungspolitik des Westens widerspricht dessen eigenen Grundsätzen von Gleichberechtigung und Nichteinmischung.

  2. Die Sache ist sehr vielschichtig.
    Ist der US-Präsident wirklich der mächtigste Mann auf der Welt, oder gibt es im Hintergrund Kräfte, die ein eigenes Spiel spielen? [Wie war das damals mit Mc Arthur?] Jedenfalls verweigern die USA seither Verhandlungen.
    Welche strategischen Gründe spielen da eine Rolle?

    Ich habe kein Microgramm Sympathie für das dortige System mit all seinen Grausamkeiten.

    Aber aus Sicht des Regimes sind Atomwaffen die einzige (Über-)Lebensversicherung.

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