„Dieses System aufzubrechen, sehe ich als meine Aufgabe“

Elmar Podgorschek
Landesrat Elmar Podgorschek im Interview mit Info-DIREKT. Alle Bilder: Info-DIREKT

Elmar Podgorschek (FPÖ) ist Landesrat in Oberösterreich. Im Gespräch mit Info-DIREKT spricht er darüber, was er von der neuen ÖVP und Sebastian Kurz hält und warum die Kandidaturen von Kabarettisten Roland Düringer und Barbara Rosenkranz das patriotische Lager schwächen. Zudem erklärt er, weshalb für die FPÖ die Einführung der direkten Demokratie eine Koalitionsbedingung für eine etwaige Regierungsbeteiligung ist.

Info-DIREKT: Bei dieser Nationalratswahl treten so viele Parteien an wie nie zuvor. Auch für Patrioten dürfte sich nun das Spektrum wählbarer Parteien vergrößert haben. Neben ein paar kleinen Parteien bemüht sich auch die ÖVP wieder mehr um heimatliebende Wähler. Was bedeutet das für die FPÖ?

Elmar Podgorschek: In einer Demokratie ist es jedermanns oder jederfraus Recht, zu kandidieren.

Das, was die ÖVP heute mit der „neuen ÖVP“ oder der „Liste Kurz“ macht, ist für mich persönlich ein ausgesprochener Marketing-Schmäh. Die ÖVP geht mehr oder weniger mit freiheitlichen Themen haussieren.

Info-DIREKT: Sie schließen also aus, dass die ÖVP gescheiter geworden ist?

Podgorschek: Es mag sogar sein, dass Kurz persönlich umgedacht hat. Ich glaube aber nicht, dass alle in der ÖVP hinter ihm stehen. Denen geht es rein um den Machterhalt und darum, an den Futtertrögen zu bleiben.

Info-DIREKT: Neben der ÖVP buhlen auch einige Kleinparteien um die Stimmen kritischer Menschen. Zum Beispiel der Kabarettist Roland Düringer oder die „Freiheitliche Liste Österreich“, für die auch Barbara Rosenkranz antritt.

Podgorschek: Parteien, die nur im Protestbereich tätig sind, so wie Herr Düringer, der vom System frustriert ist, sind schön und nett, die werden aber nichts ändern. Solange Parteien, die das System vertreten, über 50 Prozent haben, ist ein momentaner Sieg einer solchen Partei ein Pyrrhussieg.

Was Barbara Rosenkranz anbelangt: Sie war eine Kollegin von mir, die ich eigentlich persönlich immer sehr geschätzt habe.

Landesrat Elmar Podgorschek

Podgorschek: Nein, das würde ich nicht sagen! Sie will natürlich weiterhin politisch tätig sein. Ich schätze sie, aber ich halte den Weg nicht für zielführend. Die FPÖ wird auch das überleben, aber wenn wir das System ändern wollen, müssen alle Kräfte, die zum Spektrum der freiheitlichen Bewegung gehören, an einem Strang ziehen.

Wenn ich, so wie Barbara Rosenkranz, nicht mehr die Mehrheit habe, muss ich es zur Kenntnis nehmen und mich mit Würde und Anstand zurückziehen.

Info-DIREKT: Hat die FPÖ zu wenig Versorgungsposten, dass sie Leute wie Rosenkranz nicht halten kann? Ich höre immer wieder Stimmen, die meinen, dass es von der FPÖ nicht schlau war, Rosenkranz ziehen zu lassen.

PodgorschekDas ist ein niederösterreichisches Problem…

Info-DIREKT: Mit der Bundespartei hat das nichts zu tun?

Podgorschek: Teilweise schon. Ich bin selbst im Bundesparteivorstand. Die Entzweiung hat schon die letzten Jahre stattgefunden. Rosenkranz wurde von der Landespartei mit Zustimmung der Bundespartei auf demokratischem Wege abgewählt. Das hat bei ihr sicher Wunden hinterlassen.

Sie muss sich aber überlegen, mit wem sie sich jetzt zusammengetan hat. Ihr Spitzenkandidat hat uns im Parlament damals noch als Rechtsradikale bezeichnet – das habe ich nicht vergessen. Mit solchen Leuten ist Barbara Rosenkranz jetzt zusammen.

Ich bin ein alter Schüler von Lutz Weinzinger. Er hat immer zu mir gesagt, dort, wo mich die Partei hinstellt, erfülle ich meine Pflicht. Und, es geht um das Gesamte und nicht um das Persönliche. Darum bin ich auch enttäuscht von Barbara Rosenkranz, dass sie diesen Schritt gemacht hat.

Info-DIREKT: Wenn man das gesamte patriotische Lager sieht, könnte man es dann nicht auch als Vorteil sehen, wenn es eine zweite patriotische Partei im Parlament gibt? Das Team Stronach mit Robert Lugar war, zumindest aus meiner Sicht, eine Bereicherung.

Podgorschek: Das mag vielleicht dann stimmen, wenn man in Summe so stark ist, dass man die Politik entscheidend mitbewegen kann. Im Militär gibt es einen Führungsgrundsatz, der heißt „Einheit der Führung“. Je mehr Köche da mitmachen, desto schwieriger wird es, dass man eine einheitliche Richtung zusammenbringt. Man darf eines nicht vergessen: Diese Absplitterungen von der FPÖ dienen immer nur dazu, die FPÖ nachhaltig zu schwächen. Das Team Stronach ist doch nur dazu geschaffen worden, um zu verhindern, dass die FPÖ stärkste Partei wird.

Info-DIREKT: Von wem ging das aus?

Podgorschek: Von den etablierten Kräften. Ich würde sagen, dass das Team Stronach von der linken Seite bewusst gefördert wurde, Lugar hat das jetzt auch selbst zugegeben.

Info-DIREKT: Wenn man das so sieht, müsste man auch hinterfragen, ob die Etablierten ein Interesse daran haben, die Grünen zu schwächen? Da hat es in diesem Jahr zwei Abspaltungen gegeben.

Podgorschek: Bei den Grünen hat das, glaube ich, eine gewisse Eigendynamik bekommen. Man darf nicht vergessen, dass ein Großteil der österreichischen Journalisten sehr grün-affin ist. Die haben kein Interesse daran, ihr Liebkind zu zerstören.

Info-DIREKT: Bei der FPÖ schließen Sie diese Eigendynamik aus?

PodgorschekEs wird immer Enttäuschte geben, die ein Amt nicht bekommen haben. Es wird immer einen Narrensaum geben, der nicht versteht, wie Politik läuft. Man kann nicht 100 Prozent der Gesinnung durchsetzen. Politik besteht aus Kompromissen.

Info-DIREKT: Das ist ja auch das Argument der Kurz-Fans, dass sie sagen, die ÖVP hätte ja gerne anders gehandelt, aber mit der SPÖ war das nicht möglich. Bei der SPÖ hört man dasselbe, die reden sich auf die ÖVP aus …

Podgorschek: Ich glaube, dass diese beiden Parteien mittlerweile so im System verkrustet sind, dass es ihnen nicht mehr um Ideologie geht, sondern nur mehr um Machterhalt. Jede vernünftige Demokratie lebt vom Wechsel, davon, dass immer wieder neue Kräfte in die Verantwortung kommen. Nur in Österreich haben wir das Phänomen, dass sich diese beiden Parteien den Staat untereinander aufteilen.

Dieses System aufzubrechen, sehe ich als meine Aufgabe. Jede Zersplitterung führt zu einer Schwächung. Da muss man sich bewusst sein, dass die FPÖ zwei Flügel hat, einen nationalen und einen liberaleren. Die reine Lehre gibt es in der Politik nicht.

Info-DIREKT: Apropos reine Lehre. Viktor Orban ist kein Freiheitlicher. Auf EU-Ebene gehört er der Europäischen Volkspartei an. Wird Kurz nach der Wahl dann auch ein Viktor Orban sein, wenn Schwarz-Blau kommt, oder wie kann man sich das vorstellen?

Landesrat Elmar Podgorschek im Gespräch mit Michael Scharfmüller
Landesrat Elmar Podgorschek beim Interview mit Michael Scharfmüller

Podgorschek: Da hab ich mir selbst noch kein endgültiges Bild gemacht, weil ich mir noch nicht ganz sicher bin, dass es zu so einer Koalition kommt. Sollte Kurz nämlich Nummer eins werden, wird die SPÖ den Vorsitzenden austauschen. Dann kann beispielsweise Herr Doskozil, der Kurz in manchen Positionen sehr nahe kommt, statt Kern kommen. Dann kommt eine schwarz-rote Koalition.

Info-DIREKT: Angenommen, die FPÖ kommt mit der ÖVP in eine Regierung und Kurz wird Kanzler. Ist die FPÖ stark genug, dass sie Kurz so hindrängt, dass er eine ähnliche Politik wie Viktor Orban umsetzen wird?

PodgorschekEr braucht nur das, was er jetzt verspricht, halten.

Info-DIREKT: Das ist wahrscheinlich eine schwere Aufgabe. Ist die FPÖ stark genug, dass sie ihn daran erinnert?

Podgorschek: Davon gehe ich aus, weil wir werden unsere Positionen nicht verlassen. Natürlich ist jede Regierungszusammenarbeit ein Kompromiss, aber es gibt ein paar Hürden, die zu überwinden sind. Beispielsweise die direkte Demokratie, wenn die nicht eingeführt wird, gehen wir in keine Regierung.

Info-DIREKT: Ist die direkte Demokratie nicht ein Thema für den Elfenbeinturm. Geht es nicht hauptsächlich darum, ob die Grenzen endlich geschlossen werden und ob endlich Rückführungen durchgeführt werden?

Podgorschek: In der Asylfrage werden wir ihn natürlich unterstützen, aber ich sage Ihnen: Mag sein, dass die direkte Demokratie ein theoretisches Thema ist, aber um dieses System in allen Ebenen aufbrechen zu können, bräuchten wir eine Verfassungsmehrheit, die haben wir aber nicht. Also können wir es nur mit dem Hebel der direkten Demokratie ändern, indem wir das Volk mehr mitreden lassen und dem Volk wieder mehr Geltung verschaffen – nur so können wir das System aufbrechen.

Info-DIREKT: Herr Landesrat, vielen Dank für das Gespräch!

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