Die heutige Linke und ihre Abneigung gegenüber dem eigenen Volk – II

By Irmel Hirsch (http://de.indymedia.org/2006/06/150265.shtml) [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons

Wir haben gesehen, dass die Linke ihrem Volk heute abweisend gegenübersteht. Warum das so ist, konnten wir aber noch nicht klären. Darum soll es auch heute wieder gehen.

Ein Gastbeitrag von Clemens Lorber 

Die menschliche Identität ist vielschichtig; viele Aspekte setzen sie zusammen. Diese können mit der individuellen Rolle in der Gesellschaft zusammenhängen (Schüler, Krankenschwester, Kaufmann) oder auf religiösen, philosophischen und ökonomischen Überzeugungen fußen. Die Regel ist dabei aber, dass die Solidaritätserwartungen und -ansprüche in konzentrischen Identitäts-Kreisen existieren. So hat die Kern- vor der Großfamilie und das Gemeindemitglied vor dem Mitbürger ein ‚Recht’ auf Solidarität. Die Gruppen-Identitäten Familie, Großfamilie, Gemeinde und Volk sind besonders wichtig, weil sie wechselseitige Ansprüche begründen. Wir müssen uns die Frage stellen, wieso einer dieser Kreise, der zumindest in den letzten 100-200 Jahren eine der maßgeblichsten war, heute für viele nicht mehr relevant ist.

Wie funktioniert öffentliche Wahrnehmung?

Wir haben im Schwund der früher so selbstverständlich von allen geteilten Überzeugung, dass Patriotismus eine Tugend sei, einen unerhörten Prozess vor uns, der zuerst als solcher betrachtet werden muss. In der heutigen Untersuchung gehen wir noch nicht dem Wieso auf den Grund, sondern schauen aufs Wie. Und es lautet: Welche Mechanismen führen generell zu der Etablierung einer vorher verfemten Position in der öffentlichen Wahrnehmung?

Kein rationales Wesen

Es ist eine der wichtigsten und gleichzeitig trivialsten Erkenntnisse, dass der Mensch kein rationales Wesen ist, das im stillen Kämmerlein über Ideen grübelt, sich seine Meinung bildet und dann als mündiger Bürger entsprechend handelt. Der Mensch orientiert sich primär daran, ob eine Position anerkannt ist oder nicht. Wir sind auf Face-to-face-Gesellschaften hin ausgelegt. Konformitätsdruck verstärkt die soziale Kohäsion, wirkt konfliktvermeidend. Tabubrüche oder Eigenbrötlerei können unter solchen Voraussetzungen schlimmstenfalls zur Verstoßung führen, was in der Geschichte meist einem Todesurteil gleichgekommen sein wird.

„The medium is the message“

Wir können in dieser Hinsicht kaum aus unserer Haut. Auch die Grübler im stillen Kämmerlein, also die Forscher und Lehrer an den Universität verhalten sich, wie Kuhn in seiner Paradigmentheorie postuliert hat, nicht viel besser als Schüler-Cliquen. Freilich sind wir keine bloßen Maschinen, die nur die Frequenz des Auftretens einer Meinung achten. Mindestens ebenso wichtig ist, von wem wir die Meinung hören. Ist es jemand, den wir bewundern, werden wir unsere Sicht gegebenenfalls anpassen. (Im Zwischenmenschlichen ist the medium the message.)

Eine kleine Gruppe genügt

Elisabeth Noelle-Neumann beschreibt, dass es bei der Durchsetzung einer Position weniger darum geht, dass wirklich jeder seine Meinung anpasst, sondern dass jene mit abweichenden Ansichten zu schweigen beginnen, wenn sie sich in einer Minderheitenrolle fühlen. Das muss aber objektiv überhaupt nicht der Fall sein (Stichwort: „schweigende Mehrheit“). Eine der interessanten Konsequenzen davon ist, dass sich in unseren heutigen Medien-Demokratien der zuerst gebildete Konsens einer eher kleinen Gruppe von ähnlich sozialisierten, politisch eher homogenen Leuten, nämlich den Journalisten, auf die Masse überträgt. Das wird in Talkshows besonders gut sichtbar, wo man bei kontroversen Themen nicht unbedingt auf eine ausgewogene Besetzung achtet.

Diskurs beeinflussen

In einem Szenario, in dem eine kleine Minderheit ihre Positionen in der Gesellschaft verankern will, muss sie lediglich darauf achten, sie mit steigender Frequenz in den Diskurs einzubringen. Widerspricht die Position stark den Werten der Gesellschaft, muss der Rahmen des Sagbaren allmählich ausgedehnt werden. Das ist auch im Wesentlichen das, was passiert ist. Gesellschaftliche Rückkoppelungseffekte taten das Übrige, besonders Schulen und Universitäten als Meinungsmultiplikatoren beeinflussten die nachrückende Kohorten.

Mechanismus der gesellschaftlichen Meinungsbildung

Um sich zu vergegenwärtigen, wie stark der Umschwung war, sehe man sich nur an, was SPD und CDU im letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts in Bezug auf die Türken in Deutschland zu tun gedachten.  All das hat uns nur etwas über die beteiligten Mechanismen der gesellschaftlichen Meinungsbildung, nichts aber über den geistesgeschichtlichen Hintergrund des Gedankens gesagt. Diesen werden wir in 14 Tagen ansehen.

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