Wenn Leitmedien den Zwist beschwören

Bild: US Embassy & Consulates in France [CC0: Copyright Act 1976}

Allzu viele Parallelen dürften die meisten Bürger zwischen Österreich und den Vereinigten Staaten nicht erkennen. Am ehesten zu vergleichen ist dabei noch die politisch-mediale Lage. Hat sich doch in beiden Ländern der Souverän eine vom Establishment ungeliebte Regierung gewählt. Und genau hier setzt die Rolle der Mainstream-Medien ein, indem ständig neue Skandale und Zwiste aufgebauscht werden. Immerhin lässt sich vorgebliche Uneinigkeit medial gut als Schwäche auslegen. 

Kommentar von Julian P. Eschentharrn

Besonders offensichtlich wird dies, da in beiden so unterschiedlichen Ländern plötzlich keine Woche mehr ohne hausgemachten ‚Skandal‘ vergeht. Hierzulande kann es sich mal um die Wortwahl, mal um die Freizeitbeschäftigung eines freiheitlichen Politikers handeln. Auf der anderen Seite des Teichs echauffiert man sich ebenso gerne über die Wortwahl des gewählten Präsidenten. Außerdem übt man seit der jeweiligen Inauguration laute Kritik an der Umsetzung von allerhand Maßnahmen. Selbst wenn diese bereits eine Vorgängerregierung für gut befunden hat.

In den USA sorgte hier der bereits von Obama angedachte Einreisestopp aus ausgewählten islamischen Ländern für einen Aufschrei. In Österreich kritisiert die Opposition  die Pläne, keine Familienbeihilfe mehr an Kinder im Ausland auszubezahlen – obwohl ex-Kanzler Kern einst ähnliches angedacht hatte. Ebenso plötzliche Kritik widmete der öffentlich-rechtliche ORF an der Praxis des ‚Gerrymandering‘. Es werden zwar schon seit Jahrzehnten von beiden amerikanischen Großparteien willkürliche Wahlkreisgrenzen gezogen – Anlass für eine Berichterstattung im Medium war es allerdings erst beim jüngsten Fall, wo man die Republikaner als ‚Bösewichte‘ ausmachen konnte.

Mainstream-Medien schreiben Regierungsstreit herbei

Noch offensichtlicher wird der mediale Paarlauf aber wenn es darum geht, Ungemach zwischen verschiedenen Organen und Personen der jeweiligen Regierung bzw. deren Öffentlichkeit herbeizuschreiben. Derzeit versuchen sich die heimischen Leitmedien im kurzlebigen politischen Gedächtnis der Menschen. Längst vergessen ist dabei die Groteske als die Vorgängerregierung eine gesamte Legislaturperiode um des Kaisers Bart stritt. Etwa darum, ob man nun einen Grenzzaun baut oder eine „Tür mit Seitenteilen„. Auch die Bildungspolitik, bei der sich die neue Regierung besonders schnell zu einer Rückkehr auf Altbewährtes einigte, war gerne ein Streitfall für Rot-Schwarz.

Bei der neuen türkis-blauen Regierung wird aber schon viel schneller eine kolportierte „Spaltung“ herbei geschrieben. Etwa zur konstruktiven Debatte um die Neuregelung des Arbeitslosengelds. Oder wenn es eine unterschiedliche Auffassung zur korrekten Vorgangsweise in der gegenwärtigen ‚Causa Landbauer‘ gibt. Gleichzeitig wird aber auch kritisiert, wenn sich eine Koalition aus ÖVP und FPÖ einig ist – sei es in Oberösterreich oder im Bund. Dann wird der Volkspartei allzu gerne ein „Kniefall“ vor der FPÖ vorgeworfen. Die Absicht dahinter ist offensichtlich. Es werden diese in der Öffentlichkeit bei Kritik als Einheit dargestellt und bei kleinen Meinungsverschiedenheiten bei positiv rezipierten Vorgängen als Streithähne gesehen. Damit können die den Gutmenschen gefälligen Leitmedien aber in jeder erdenklichen Situation mit negativer Berichterstattung aufwarten. Divide et impera…

USA-Berichterstattung: ‚First Lady‘ als Spiegelbild

Noch kurioser wird das Schauspiel bei der hiesigen Berichterstattung über die Vorgänge in Amerika. Noch gar nicht einmal vordergründig wegen des aufgebauschten Streits von Trump mit seinem ehemaligen Chefstrategen Steve Bannon. Sondern, weil man hier Mutmaßungen über den tatsächlichen Zustand der Beziehung zwischen Präsident und seiner First Lady anstellt. Michelle Obama stilisierte man noch für ihr Bekenntnis, dass ihre Ehe „nicht perfekt“ sei zur starken und emanzipierten Frau hoch. Wenn diese einmal einer anderen Ansicht als ihr Mann an, wurde dieser Eindruck sogar noch medial hofiert. Auch wenn sie alleine auf Urlaub fuhr. Man behauptete sogar, sie habe sich und die Rolle der First Lady quasi neu erfunden. Bei Melania Trump gilt es hingegen bereits als Indiz für eine handfeste Ehekrise, wenn sie bei einem offiziellen Termin nicht an seine Seite weilt, alleine in Florida shoppt, oder beim Ausstieg aus dem Flugzeug nicht dessen Hand hält.

Wer schon einmal eine langjährige Beziehung oder gar Ehe geführt hat, weiß, dass man auch mal unterschiedlicher Auffassung sein kann. Nicht immer tritt dies zum außenwirksam günstigsten Zeitpunkt hervor.  Fragt man hundert Leute, sind ebenso viele der Meinung, dass gelegentlicher Streit in einer Beziehung sogar konstruktiv sein kann. Auch Experten sind dieser Ansicht. Kurioserweise wird als ‚positiver Gegenentwurf‘ die Haltung von Hillary Clinton angesichts der schwerwiegenden Vorwürfe gegen ihren Mann Bill entgegengestellt. Dieser hatte sich in Amtswürden bekanntlich mehrere sexuelle Übertretungen erlaubt, zuletzt eine handfeste Affäre mit seiner Praktikantin. Es kamen später sogar Vorwürfe auf, sie habe sich bei der Vertuschung seiner ständigen Skandale verdingt. Wie vorbildlich von der erklärten Favoritin der deutschsprachigen Mainstream-Medien.

Vergaß ORF die Ära Bush?

Für den ORF ist die Gegenüberstellung der ‚treuen Hillary‘ mit der angeblich ‚unglücklichen Melania‘ sogar so gewichtig, dass man diese glatt zur direkten Vorgängerin von Michelle Obama macht. Hat man vor lauter Wetteifer um möglichst heiße Gerüchte im Kampf gegen die Eheleute Trump tatsächlich auf die umstrittene Präsidentschaft von George W. Bush vergessen? Oder ist die Auslassung seiner  kaum skandalträchtigen Laura eine gute Gelegenheit, zu verschweigen, dass gerade diese zu den beliebtesten First Ladys aller Zeiten gehörte? Wir werden es vermutlich nie erfahren.

 

 

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