Jörg Urban, Vorsitzender der Sachsen AfD, forderte jüngst, dass der russische Botschafter zum Gedenken an der Elbe eingeladen werden sollte und löste damit eine Debatte innerhalb der eigenen Partei aus.
Ein Kommentar von Karl Sternau
Am 25. April 2025 fand zum 80. Jahrestag in Torgau an der Elbe eine Gedenkveranstaltung zum Zweiten Weltkrieg statt. Dort trafen sich 1945 zum ersten Mal amerikanische und sowjetische Soldaten und reichten sich die Hand. Die AfD Sachsen verwendete dieses Bild, das symbolisch für die deutsche Niederlage steht, für ihren Beitrag. Urban begründete darin die Forderung den russischen Botschafter einzuladen, damit dass die Rote Armee „mit den größten Blutzoll“ zahlen habe müssen.
Diskussion um russische Teilnahme
Das Auswärtige Amt hatte zuvor empfohlen, keine offiziellen Vertreter Russlands einzuladen. Die Stadt Torgau ließ die Teilnahme des Botschafters zu, gab ihm aber kein Rederecht. Ministerpräsident Kretschmer übte in seiner Rede viel Kritik an Russland und betonte, dass er Vertreter der Ukraine, Georgiens oder Belarus als „schöner [und] angemessener“ empfunden hätte. Dass diese nicht gekommen waren, hat nach Kretschmer „vermutlich mit der Anwesenheit des russischen Kollegen zu tun“.
"Sowjetophiler Irrweg“ der AfD Sachsen
Zahlreiche Abgeordnete der AfD kritisierten die Forderung und Argumentation Urbans. Dominik Kaufner, AfD-Landtagsabgeordneter in Brandenburg, schrieb auf "X" von einem „sowjetophilen Irrweg“ der AfD Sachsen und verwies auf die Verbrechen der Roten Armee. Man dürfe nach Kaufner wenn
„man über den Blutzoll der Sowjetrussen im Weltkrieg spricht […] nicht zugleich den unserer Groß- und Urgroßväter- und Mütter einfach vertuschen.“
Geschichtsbild der SED
Viele Kritiker verwiesen auf ihre eigene Familiengeschichte. Als Beispiel sei hier Richard Graupner, AfD-Landtagsabgeordneter in Bayern, zitiert:
„Einer meiner Großväter geriet 1944 in langjährige russische Gefangenschaft, der andere fiel im Januar 1945 bei der Verteidigung Ostpreußens. Der Anstand verbietet es, an Siegesfeiern der ehemaligen Kriegsgegner teilzunehmen. Ich würde mir schäbig vorkommen.“
Der Bundestagsabgeordnete Rüdiger Lucassen hob zudem hervor, dass vor 1990 die Niederlage nur von der „SED-Nomenklatura“ gefeiert wurde. Lucassen weiter:
„Der erste, der dies nach der Wiedervereinigung tat, war Gerhard Schröder bei den Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Normandie-Landung.“
Sturm der Entrüstung aus den eigenen Reihen
Direkt unter dem Beitrag der AfD Sachsen auf "X" hagelte es außerdem hunderte negative Kommentare. So fragte Hydra Comics „Ab wann macht ihr Politik für Deutsche?“, der EU-Abgeordnete Tomasz Froelich stellte klar „Wir sind den Sowjets nichts schuldig“ und der Bundestagsabgeordnete Rainer Kraft wollte wissen
„Wird auch an die deutsche Zivilisten erinnert, die nach Mai 45 in die übernommenen KZs eingesperrt wurden, oder derjenigen die zur Zwangsarbeit nach Sibirien geschickt wurden?“
Uneinigkeit besteht bereits länger
Die Diskussion, wie man als Vertreter der AfD zu alliierten Siegesfeiern steht, wurde in der Partei schon öfter geführt. Am 9. Mai 2023 nahm der Co-Parteivorsitzende Tino Chrupalla an einem Empfang in der russischen Botschaft zum Tag des Sieges teil. Alice Weidel, die zweite Co-Parteivorsitzendeder AfD, betonte dazu klar:
„Also hier die Niederlage des eigenen Landes zu feiern mit einer ehemaligen Besatzungsmacht, das ist etwas, wo ich für mich persönlich entschieden habe – auch mit der Fluchtgeschichte meines Vaters – daran nicht teilzunehmen.“
Für Kritik in den eigenen Reihen sorgte Chrupalla auch, als er im Juni 2021 zum 80. Jahrestag des deutschen Angriffs einen Kranz in Moskau ablegte.
Die Partei täte gut daran, eine einheitliche Linie zu dieser Frage zu finden. Echten Patrioten kann das bei diesem Thema eigentlich nicht schwer fallen.
Über den Autor
Karl Sternau (geb. 1994) ist Historiker und seit 2017 rechter Publizist. Er veröffentlicht regelmäßig in Sezession, Zuerst und Info-DIREKT.