Deutscher Politikwissenschaftler warnt vor Politisierung der Justiz

06. August 2024 / Deutschland

Bild Politikwissenschaftler Philip Manow: Von Dontworry - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Link; Bildbearbeitung: Info-DIREKT

Während sich zahlreiche seiner Kollegen wegen Trump, Le Pen oder der AfD um die Demokratie sorgen, vertritt Politikwissenschaftler Philip Manow (Universität Siegen) eine andere These. Zuletzt im Spiegel  und im Deutschlandfunk warnt der Politologe vor einer zunehmenden Politisierung des Rechts.

Ein Kommentar von Karl Sternau

Nach dem einflussreichen Politikwissenschaftler Adam Przeworski ist Demokratie erstmal nur ein System in dem Regierungen Wahlen verlieren und die Macht abgeben, wenn sie verloren haben. Manow bezieht sich auf den polnischstämmigen Politologen und ergänzt, dass Demokratie  auch bedeute, jemand erlangt Mehrheiten für Positionen, die man selbst nicht teilt. Hierin liege aber keine Krise, sondern ein normaler Vorgang. Er betont im Spiegel-Interview auf die Frage, ob eine AfD-Regierung die Demokratie beschädigen könnte:

„In der Demokratie ist die Zukunft immer ungewiss. Aber wenn die Grundannahme lautet, ein dumpfes Elektorat trotte jedem Demagogen hinterher, können wir das mit der Demokratie auch gleich ganz sein lassen.“

Eine Gefahr für die Demokratie an sich sieht Manow konsequenterweise weder im Brexit, der mit knapper Mehrheit erfolgte, noch in einem potenziellen Erfolg von Le Pen in Frankreich.

Demokratiedefizit der EU


In der Macht der EU erkennt der Siegener Politikwissenschaftler hingegen ein Demokratiedefizit, da die EU-Kommission – anders als die nationalen Parlamente – nicht von den Bürgern gewählt wurde. Eine Zurückverlagerung der Entscheidung auf die nationale Ebene, wie sie teilweise zum Beispiel in Form von Grenzkontrollen schon stattfindet, wird von Manow begrüßt.

"Kampf gegen rechts" trägt zur Radikalisierung bei


Spannend sind auch die Aussagen Manows zum Aufstieg des Populismus und der Rolle der AfD. Deutschland wird von ihm als „Nachzügler“ in Europa gesehen. In Österreich (Jörg Haider), in Italien (Silvio Berlusconi) oder den Niederlanden (Geert Wilders) war das Phänomen schon ab den 1990er Jahren zu beobachten. Mit seiner „Wehret den Anfängen“ Strategie war der Weg für eine populistische Partei in Deutschland wesentlich schwerer.

Die BRD hat nach Manow in Europa einen Sonderweg eingeschlagen, da sie ein sehr starkes Verfassungsgericht, den mächtigsten Verfassungsschutz und das Instrument des Parteienverbots besitzt. In diesem Zusammenhang kritisiert er auch die sofortige Ablehnung der AfD noch unter Lucke, da sie zur „Radikalisierung“ der Partei beigetragen habe.

Wettbewerb der Parteien wird durch Gerichte gebremst


Des Weiteren kritisiert Manow, dass der Umgang mit rechten Parteien ein primär juristischer wird. Eine Demokratie sollte eigentlich vom Wettbewerb der Parteien leben und nicht durch Gerichte gebremst werden. Das KPD-Verbot von 1956 oder die geplante Reform des Bundesverfassungsgerichts gegen extremistische Parteien werden von Manow entsprechend nicht als Stabilisatoren der deutschen Demokratie betrachtet. Er verweist dagegen auf die Gefahr einer Politisierung der Justiz, die daher kommt, dass man politische Konflikte immer mehr justizialisiert.

Supreme Court in den USA zeigt wohin die Reise geht


Als negatives Beispiel wird die USA, im speziellen die Konfliktgeschichte um das „Roe vs. Wade“-Urteil angeführt. Mit dieser Entscheidung legalisierte der Supreme Court 1973 Abtreibungen. Immer wieder gab es in den folgenden Jahrzehnten Bestrebungen dieses Urteil rückgängig zu machen. Trump mobilisierte mit dem Versprechen, konservative Supreme Court Richter einzusetzen, 2016 neue Wählergruppen. Letztlich wurde „Roe vs. Wade“ u.a. mit drei von Trump nominierten Richtern 2022 außer Kraft gesetzt. Der Supreme Court urteilte zuletzt in der Frage um die Immunität des US-Präsidenten („Trump gegen die Vereinigten Staaten“) strikt entlang der politischen Nominierungslinien. Die von den Republikanern eingesetzten Richter stimmten für Trump, während die demokratisch Nominierten dagegen stimmten. Manow dazu im Deutschlandfunk:
„Wir sehen im Grunde genommen einfach nur die Übersetzung des Parteienkonfliktes einfach noch mal in ein Richter-Gremium.“

Insgesamt kann man froh sein, dass es auch im Mainstream kritische Stimme wie Manow gibt. Endlich mal ein Politologe, der sich mit realen Gefahren für die Demokratie beschäftigt und nicht das ewige Lied von der Bedrohung durch die Rechten singt.

Weitere Infos zum Thema


Mehr über die demokratiepolitisch bedenkliche Arbeitsweise des Verfassungsschutzes und wie die AfD darauf reagieren sollte, lesen Sie im aktuellen Magazin Info-DIREKT, Ausgabe 52: https://info-direkt.eu/magazin/52

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